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von Kabuki

Behind the Beats: Brenk Sinatra

Im Interview mit Kabuki spricht Brenk Sinatra über seinen Workflow, neue Technik und alte Skills.

Brenk Sinatra – Branko Jordanović aus Wien – hat sich als Produzent und Beatmaker für zahlreiche HipHop-Acts einen Namen gemacht. Nach der Zusammenarbeit mit zum Beispiel King Tee sorgte er mit seinem ersten Instrumental-Album „Gumbo“ für Aufmerksamkeit, weitere LPs folgten. Wie Brenk Sinatra 2017 produziert, kann man ganz aktuell auf „Which Way Iz West“ nachhören, dem neuen Album vom MC Eiht. In zwanzig Jahren Beatmaking hat sich natürlich auch die Herangehensweise des Österreichers an die Studioarbeit verändert und weiterentwickelt. Im Interview mit Kabuki spricht er über seinen Workflow, neue Technik und alte Skills, und warum Beats dann besonders gut werden, wenn man seine Komfortzone verlässt.

 

Was hat sich in den letzten Jahren bei dir technisch im Studio verändert?

Kurz gesagt: alles! 2000 war das Studio eine Ecke in meiner Wohnung, da hatte ich einen 386er-PC und einen Kastenfernseher. Ich habe damals alles mit der Maus gemacht und die Software hat noch nicht so funktioniert, wie sie sollte. Eine echte Katastrophe, super-lame. Den Computer hatte ich mir von einem Freund geborgt. Es war wirklich kompliziert, zumal der Rechner auch ständig abstürzte. Ich konnte mir nicht einfach ein paar Plug-ins kaufen wie heute, musste mich mit irgendwelchen Jobs über Wasser halten. Aber wenn man sich durchbeißen muss, kommt dabei ja oft etwas besseres heraus, als wenn man ein vollwertiges Studio geschenkt bekommt. Ich kannte damals Leute, die hatten für die Zeit richtig teueres Equipment, haben das aber nach einem Jahr wieder verkauft. Für die war das am Ende einfach nur eine Phase, so à la: „Ich gehe jetzt Kitesurfen.“ Heutzutage mache ich alles über Pads, da ist die MASCHINE natürlich super. Umgestiegen bin ich, als die MK2 rauskam.

 

Also hast du früher erst eine Idee gehabt und dann versucht, die mit der Maus umzusetzen.

Bei vielen galt ich immer als Chop-Monster. Auf der „Gumbo 2“ zum Beispiel waren ja auch viele Stücke mit wirklichen Hardcore-Chops drauf. Die waren alle mit der Maus gemacht. Und alle dachten, ich hätte dabei meine MPC fast zerstört.

Wie ist das heute? Entstehen die Patterns bei dir immer noch zuerst im Kopf? Oder jamst du auch und kommst so zu neuen Ideen?

Beides. Und ich muss sagen, dass ich noch nie ein Tool hatte, mit dem ich so schnell eine Idee umsetzen kann wie MASCHINE. Nach ein paar Minuten habe ich einen Loop, mit dem ich arbeiten kann. Ich hatte einmal eine SP1200, aber da dauerte es mir einfach zu lange, bis ein brauchbarer Loop fertig war. Klar, der Sound ist der Hammer, aber das ist mir alles zu kompliziert. Ich muss schnell ans Ziel kommen.

 

Gutes Stichwort: Viele interessieren sich bei Technik ja in erster Linie für neue Features, die einem neue Möglichkeiten eröffnen sollen. Viel wichtiger ist es doch aber, Ideen so schnell wie möglich umsetzen zu können, oder?

Total. Was bringt Technik? Technik sollte mir das Leben erleichtern. Egal ob ich jetzt irgendwelche supermodernen Sportschuhe teste oder Beats mache. Die einen sollen den harten Boden besser absorbieren, und mit dem anderen Ding komme ich schneller zum Loop. Technik sollte das Leben erleichtern und nicht schwieriger machen.

 

Wenn man Musik hört, geht es ja sowieso vor allem darum, ob man den Vibe spürt und der Künstler inspiriert war.

Das ist für mich das A und O. Alle anderen Kategorisierungen sind nur Begriffe, die sich jemand hat einfallen lassen, um Dinge zu beschreiben. Ein Problem sehe ich darin, dass HipHop-Produzenten häufig nur HipHop hören.

 

Wir sind uns einig, dass es schade ist, wenn sich Produzenten für Formate wie „Rhythm Roulette“ praktisch ausschließlich in den Soul- oder Jazz-Fächern im Plattenladen bedienen und so gut wie nie auf die Idee kommen, doch auch mal bei Country ihr Glück zu versuchen.

Jeder halbwegs gute Produzent kann aus einer Jazz- oder Soul-Scheibe einen Beat machen. Wenn du aber aus etwas Verrücktem einen guten Beat machst, spielst du für mich schon in einer anderen Liga. Ich habe letzte Woche erst eine britische New-Wave-Band entdeckt. Du würdest glatt denken, das ist ein verdammtes „Jaylib“-Outtake.

Juwelen findet man nur, wenn man lang genug gräbt.

Deswegen wollte ich für dieses Feature auch unbedingt einen Beat mit Genre-fremdem Material beisteuern. BYTE RIOT bietet schließlich keine typischen HipHop-Sounds.

Macht es für dich eigentlich einen Unterschied, ob der Beat in einem Instrumental oder bei einem Rapper landet?

Beim Produzieren an sich nicht. Wenn der Loop durch mein Zimmer fegt und ich überlege, was noch fehlt, ist erstmal alles offen. Danach aber kommt diese Frage natürlich schon. Wo passt der Beat am besten rein. Manchmal ergibt sich das ganz von selbst. Wenn ich ganz bewusst entscheide, dass der Synth im Stereobild eher links liegt und rechts auch noch etwas passiert, dann ist der Beat meistens schon zu vollgepackt für einen Rapper.

 

Bleibt es bei dem einen Loop oder machst du auch Variationen? A-Section, B-Section …

Ich produziere eigentlich immer Intro, Verse, Hook und Verse Hook. Damit man ein bisschen Abwechslung hat und sich auch besser vorstellen kann, wie es am Ende klingen wird. Der Beat muss beim Anhören immer sofort Spaß machen. Du kannst dir nicht vorstellen, wie ich mir bei Rap-Beats regelmäßig den Kopf zerbreche, wem ich nun was schicke. Das ist so ein bisschen wie mit Aufsätzen für die Borhmaschine: Der eine ist zu klein für das, was ich machen will, der andere zu groß. Da kommt dir die ganze Wand entgegen. Will sagen: Der eine Rapper checkt den Beat zwar, hat aber nicht die Aufmerksamkeit – dann geht der Beat unter, was schade wäre. Der andere Rapper hat einen größeren Namen, wird den Beat aber vielleicht noch nicht so ganz verstehen. Es ist immer ein Gamble, wo man seine Babys am besten platziert, damit sie wachsen.

 

Als ob man im Garten etwas pflanzt und sich diese Mühe dann mit etwas Glück auszahlt. Ein organischer Prozess.

Als ich 2008 „Gumbo“ rausgebracht habe, waren Instrumental-LPs noch nicht so weit verbreiteten. Ich hatte mir damals zwar schon in Österreich einen Namen gemacht, aber es war schwierig ins Ausland zu kommen. Also habe ich mir überlegt, wie ich das ändern könnte.

Also eine Notwendigkeit.

Genau, es gab damals Dilla- und Madlib-LPs, die mir Mut gemacht und gezeigt haben, dass so eine LP auch ohne Rapper funktionieren kann.

 

Gab es denn einen Producer, den du zu Beginn versucht hast nachzuahmen, um dabei deinen eigenen Stil zu finden?

Vor kurzem habe ich beim Aufräumen auf meiner Festplatte viele alte Beats aus der Zeit von 2000-2001 gefunden, an die ich keine Erinnerung mehr hatte. Die waren zwar nicht besonders gut, was ich aber witzig fand war, dass sich all meine unterschiedlichen Phasen in diesen Beats widergespiegelt haben. Da gab es fünf Beats, bei denen ich wie Mobb Deep klingen wollte, andere waren eher wie DJ Quik. Ich denke es ist wichtig, dass man über so etwas seinen eigenen Stil findet. Für mich war das jedenfalls so.

 

Sprechen wir über die Zukunft: Wie entwickelst du dein Handwerk weiter? Hast du dafür eine bestimmte Philosophie?

Ich habe gewisse Shortcuts, die mir dabei helfen, schneller ans Ziel zu kommen. So etwas eignet man sich mit den Jahren einfach an. Wenn etwas funktioniert, dann bleibe ich dabei. Ich habe eine bestimmte Herangehensweise, die auch nach mir klingt. Wer lange Musik macht, hat ja im besten Fall einen eigenen Sound. Und der entwickelt sich durch Dinge, die man gar nicht beachtet, sich im Laufe der Jahre einfach eingeschliffen haben. Zum Beispiel der EQ. Wenn Leute bei mir sitzen, denken sie oft erst: Hä, was macht der denn da? Aber wenn ich dann das Ergebnis vorspiele, verstehen sie es. Oft habe ich natürlich auch einfach nur irgendwie rumgedrückt und plötzlich gedacht: Was war das jetzt? Mein ganzes Leben ist learning by doing.

 

Signature Sounds entstehen ja oft genau dann, wenn man das Equipment nicht so einsetzt, wie es ursprünglich gedacht war.

Das war auch beim Umstieg von der Maus auf MASCHINE bei mir so. Anfangs klangen die Beats einfach anders. Sauberer. Ich musste Wege finden, da wieder ein bisschen Dreck reinzubringen, das Organische.

Man entwickelt sich weiter, wenn man sich auch mit neuen Tools auseinandersetzt. Aber das braucht Zeit, und man darf nicht erwarten, dass man die Software startet und sofort Hammersounds dabei herauskommen. Du hast vorhin gesagt, Technik soll das Leben erleichtern. Passt das zusammen?

Deshalb war ich auch nicht sicher, ob mein Umstieg auf die MASCHINE überhaupt funktionieren kann. Warum soll ich das machen, es läuft ja auch so. Aber am Ende bringt es eben immer etwas, sich so zu fordern. Die Arrangements mache ich aber immer noch mit meinem alten Sequencer. Wenn etwas releast wird, spiele ich die Spuren raus und kann viel entspannter in meiner DAW arrangieren.

Man muss Technik eben so nutzen, dass sie einen so gut wie möglich unterstützt. Der Weg, mit dem du am schnellsten ans Ziel kommst, ist genau richtig.

Wenn du etwas zehn Jahre machst und dann plötzlich ein neues System bekommst, musst du die Arbeitsweise komplett umstellen. Das geht einem Tischler genauso. Aber man kann sich an alles gewöhnen. Man muss es nur wollen und vor allem einen Sinn darin sehen.

 

Dieser Wille ist vielleicht genau das, was einen als Producer ausmacht.

Ich höre oft von Kollegen, sie hätten einen Tag lang etwas Neues ausprobiert, was dann aber nicht funktioniert hat. Ich antworte immer, dass das ja auch gar nicht funktionieren kann! Es dauert zwei bis drei Wochen, bis du die Basics drauf hast. Die Leute wollen immer alles gleich haben, wollen immer zu schnell ans Ziel kommen.

 

Musik, die schnell gemacht wird, hat vielleicht oft nicht die gleiche Lebensdauer wie die, die mit viel Liebe zum Detail gemacht wird.

Stimmt. Es gibt aber trotzdem Beats, die in zehn Minuten rausgehustet wurden und jetzt Classics sind. Andere wieder sitzen ewig an einem Beat, bis alles sitzt. Beide ist ok. Madlib hat mal gesagt: Wenn man mehr als 20 Minuten an etwas schraubt, dann ist es whack. Und auch wenn ich riesiger Fan von ihm bin: Alles darf man nicht auf sich selbst beziehen. Man muss seinen eigenen Weg finden, es gibt keine Formel, die auf alle zutrifft.

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