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von Kabuki

Behind the beats: Ghanaian Stallion mit Kabuki

Im Gespräch mit Kabuki erzählt Ghanaian Stallion wie er seine Arbeit im Studio strukturiert, und wie ihm MASCHINE dabei hilft, Ideen schneller umzusetzen.

Alan Mensah, besser bekannt als Ghanaian Stallion, hat sich in den letzten Jahren einen festen Platz in der deutschen hip-hop Szene erarbeitet. Sei es durch Chart-prämierte Beats für Megaloh oder mit instrumentalen Solo-Releases wie der „Soul Fruits“ EP: Sein Name steht für Qualität und Innovation. Im Gespräch mit Kabuki erzählt Ghanaian Stallion wie er seine Arbeit im Studio strukturiert, und wie ihm MASCHINE dabei hilft, Ideen schneller umzusetzen. Und als Bonus hat er einen exklusiven Beat gemacht.

 

Fangen wir mit dem Technischen an. Wie sieht dein aktuelles Setup aus? Mit welchen Tools machst du Musik?

Tatsächlich ist mein Setup relativ rudimentär. Ich verwende ein Apollo Twin als Audio-Interface, ein MacBook, ein paar MIDI-Keyboards und die MASCHINE MIKRO. Damit produziere ich eigentlich alles – bzw.: So geht es los. Dieses Setup hat mir bislang immer gereicht – ich bin jemand, der gerne so lange tüftelt, bis das Gefühl, das ich transportieren will, genau so rüberkommt, wie es mir vorschwebt. Am Anfang steht bei mir immer ein Sample oder ein Loop, darauf baue ich dann auf, in mehreren Phasen. Den eigentlichen Beat versuche ich zu Hause soweit auszuarbeiten, dass man ihn auch rausschicken kann. Wenn beispielsweise jemand wie Megaloh damit arbeitet, lege ich den Beat aber von vornherein so an, dass man ihn später noch erweitern und verfeinern kann. Ich arbeite oft mit Musikern zusammen, die zusätzliche Sachen dazu einspielen. So kann man den Beat nach und nach aufbauen: einen C-Part hinzufügen, das Ganze noch musikalischer gestalten.

 

Hast du gleich eine klare Idee im Kopf, die du dann versuchst umzusetzen? Oder experimentierst du solange mit den Elementen, bis sich der Beat schließlich herauskristallisiert?

Beides. Manchmal höre ich etwas, was mich gleich emotional kriegt. Dann überlege ich, in welche Richtung das gehen könnte. Ich bin nicht auf einen bestimmten Sound spezialisiert. Auch wenn sich alle meine Produktionen vielleicht innerhalb eines bestimmten Kosmos’ abspielen, bin ich doch ziemlich variabel. Ich habe klassische Boom-Bap Sachen gemacht, aber auch Afrobeat. Deshalb ist es mir ganz wichtig zunächst zu überlegen: Was mache ich jetzt mit dem Ding? Ich glaube, das ist eine Stärke von mir. Gleichzeitig kann es so aber auch passieren, das ich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehe. Soll ich da jetzt Trap draus bauen? Oder lieber das Sample flippen, dass es ein Afro-Ding wird? Wie wäre es mit einem Drum-Break? Das sind so Fragen, die ich mir dann stelle.

Fluch und Segen zugleich, ich verstehe das. Wir haben ja auch schon zusammengearbeitet. Dabei fand ich es interessant, wie du deine Drums-Kits strukturierst. Wie suchst du deine Sounds aus?

Das hat sich mit den Jahren einfach entwickelt. Als ich anfing, wusste ich natürlich längst nicht so viel, hatte weniger Skills. Dann habe ich eben drei Kicks und drei Snares übereinander gelegt, um die Drums massiver zu machen. Wie man eine Kick mit Kompressor und EQ fetter macht, wusste ich nicht – von Parallel Drum Compression hatte ich noch nie etwas gehört. Also ballerte ich drei Kicks rein, um einen ähnlichen Effekt zu erzielen. Nils Faller, der immer so etwas wie ein Mentor für mich war, hat mal gesagt: „Schau’ einfach, dass die verwendeten Elemente eine gewisse Qualität haben, dann kannst du im Nachhinein viel mehr rausholen.“ Über die Jahre hat sich so eine eine große Library angesammelt, aus der ich jetzt schöpfe. Zum Glück ist es total einfach, die eigene Sample-Library in MASCHINE zu integrieren. So kann ich auf alle Sounds über die Hardware zugreifen. Wenn die Pfade einmal in den Einstellungen festgelegt sind, sehe ich die Sounds im Browser, ich kann sie taggen und habe so einen noch schnelleren Zugriff auf die einzelnen Kategorien, z.B. Kicks und Snares. Ich habe keine go-to Library mit zehn Kicks und zehn Snares, die ich immer wieder verwende. Ich bin da ziemlich offen und benutze immer wieder neue Sounds. Gerade weil ich eben so unterschiedliche Stile repräsentiere.

Ich finde es besonders spannend, wie du bei deinen Beats synthetische Drums und gesampelte Loops miteinander verbindest.

Das ist Teil meiner generellen Philosophie beim Musikmachen. Ich bin ein Kind des 90er-hip-hop – Mobb Deep und DJ Premier haben mich geprägt. Es ist mir wichtig, diese Seele in meinen Produktionen abzubilden. Auf der anderen Seite will ich aber diese traditionelleren organischen Sounds mit aktuellen Sachen verbinden. In einem Trap-Layout kann also trotzdem ein gesampelter Drum-Break auftauchen. Die Leute, deren Produktionen ich bewundere, – die mit Kendrick arbeiten, mit Drake oder jemand wie Boi-1da – machen das letztendlich genauso. Die haben diesen Spirit von damals, wissen, wie man Seele reinbringt, sind aber gleichzeitig total am Puls der Zeit. Ihnen ist bewusst, dass man nicht nur mit irgendeinem Drum-Break von Curtis Mayfield um die Ecke kommen kann, wenn der Track heute im Club laufen soll. Aber es gibt Wege, diese Ansätze miteinander zu verbinden. Und das ist genau der Sound, für den ich stehe.

Du bist für deine Sample-basierten Beats bekannt. Nutzt du eine bestimmte Technik oder hast generelle Tipps für das Sampling?

Meine Herangehensweise an das Sampling ist immer unterschiedlich und vor allem davon abhängig, um was für eine Art von Sample es geht – welche Möglichkeiten es mir bietet. Ein Anhaltspunkt ist zum Beispiel, ob Drums an der Stelle zu hören sind oder nicht. Manchmal findet man etwas, lässt es rückwärts laufen und denkt dann: Wie geil ist das denn, hier mache ich einfach weiter. Früher habe ich oft ganz kleinteilige Chops gemacht, mittlerweile versuche ich aber eher, aus den Chops einen Loop zu bauen, der dann klingt, als wäre er tatsächlich so aufgenommen worden.

 

Du arrangierst das Sample neu.

Damit man es mit dem Original nicht mehr so krass assoziiert, es aber immer noch diese Wärme hat, so wie mit dem Sample von „Lang Lebe Afrika“ auf dem Megaloh-Album. Das Original würdest du nicht wieder erkennen. Das ist manchmal einfach nur ein Gefühl, ein Vibe-Ding. Ich ertappe mich oft in Situationen, in denen ich schlicht nicht in der Lage bin, mit einem Sample oder Chop etwas zu machen – ich bin dann einfach nicht in Stimmung. Dann gibt es aber auch Tage, an denen ich aus dem kleinsten Schnipsel einen kompletten Beat bauen kann und merke: Hey, jetzt bin ich richtig im Flow. Im Prinzip ist es so: Wenn ich etwas höre, was mir gefällt, dann nehme ich es erst einmal auf und lasse es auf mich wirken. Ich experimentiere auch nach wie vor sehr gern und bin dabei immer wieder erstaunt, was passieren kann, wenn man ein Sample nimmt und das richtige Plug-in öffnet.

 

Wenn die Inspiration stimmt, schreibt sich ein Beat manchmal praktisch von allein.

Ganz genau. Wenn du eine Standardprozedur hast, hat das zwar den Vorteil, dass du irgendwann für einen ganz bestimmten Sound stehst. Dann wissen die Leute: Hey wenn ich das und das brauche, dann muss ich zu dem gehen, das ist genau sein Ding. Bei mir ist genau das manchmal das „Problem“. Die Leute feiern einen meiner Beats und erwarten dann für ihren Track den gleichen Style. Und wenn ich ihnen dann ganz andere Sachen schicke, die eben auch Teil von mir sind, sind sie verwirrt. Dadurch hat man aber auch eine viel größere Streuweite. Mal produziere ich eine Kalim-Single, bin dann aber auch bei einem Album von Joy Denalane mit dabei. Das möchte ich mir unbedingt bewahren.

Auf dem Album von BSMG – deinem Projekt mit Megaloh und Musa – höre ich viele Trap-Elemente, vor allem im Bass. Sind das hauptsächlich Samples oder benutzt du auch Synthesizer?

Oft sind es Samples der 808 Kick, ich nutze aber auch Synths. Bei einem Track wie „Lang Lebe Afrika“ sind die Drums an sich ja schon sehr Trap-artig. Da ist es dann schon etwas Besonderes, wenn man dazu noch einen E-Bass einspielen lässt. Oder nimm’ „Wer hat die Hitze“ vom letzten Megaloh-Album, den Song mit Trettmann. Das ist ein klassischer Trap-Beat, aber eben mit Live-Bassline. Wieder so eine Kombination, die ich sehr mag.

 

Auf der einen Seite hast du also die 808 für das Low End und auf der anderen dann den live gespielten E-Bass für die Transienten und die Präsenz: eine Art Sandwich aus zwei Klangwelten. Wo wir gerade bei Live-Instrumenten sind: Du hast eine Session mit Tony Allen gemacht, dem legendären Drummer von Fela Kuti und Africa 70. Wie lief das ab?

Das hat sich durch Christian Prommer ergeben. Er kennt Tony gut und hat auch schon mit ihm zusammen gespielt. Nachdem Christian das Megaloh-Album „Regenmacher“ gehört hatte, schlug er vor, ihn mit Tony zusammenzubringen. Im Endeffekt waren wir dann zwei Tage gemeinsam im Studio und haben von bereits fertigen Songs Afrobeat-Remixe gemacht. Tony hat den Sound wirklich gefeiert, und so entstand noch ein neues Stück on the spot. Wir hatten schon im Vorfeld Arrangements angelegt, so dass Tony am Schlagzeug nur noch neue Elemente beisteuern musste. Wir haben uns also auf seinen Workflow eingelassen, er hat den Vibe gefühlt und verstanden. Eine supergeile Erfahrung!

Deine Expertise ist gefragt: Wie kann man als Producer eine Idee möglichst schnell in die Realität umsetzen?

Ich halte mich am Anfang nicht zu lange mit Details auf, sondern versuche einfach, den Vibe festhalten. Und erst wenn ich merke, dass der Loop gut läuft und die Drums unterstützt, widme ich mich dem nächsten Schritt: Eigentlich ist die Kick jetzt noch nicht so geil und aus der Snare kann ich auch noch ein bisschen mehr rausholen. Ich versuche also, möglichst schnell das Grund-Layout zu bekommen und mich dann davon weiter inspirieren zu lassen. Eine praktische Funktion hierfür ist die Ideas View, die es seit kurzem im Sequenzer von MASCHINE gibt. Damit ist es total einfach, verschiedene Pattern-Variationen auszuprobieren. Wenn man dann etwas Passendes findet, lässt es sich direkt in das Arrangement übertragen. So kann man in kürzester Zeit einen Beat arrangieren.

Ein guter Tipp. Denn oft verliert man sich gleich zu Beginn in Details. Dann fällt es schwer, Tracks zu finalisieren. Vom Großen ins Kleine – so hat man den Vibe immer im Blick.

Ich habe das über die Jahre so gelernt. Du machst einen Beat und klatscht immer mehr drauf – normal. Aber gestandene Musiker wie Kahedi haben mir gezeigt, dass es gut ist, relativ simpel anzufangen. Da geht es nicht immer gleich darum, die Monsterproduktion an den Start zu bringen. Du willst ja einen Song schreiben, der noch Raum lässt für den Input der Künstler. Und wenn die dann etwas zu deinem Beat aufnehmen, eröffnet das noch einmal ganz neue Wege. Ich mag das. Beats nicht von Beginn an überzuproduzieren, sondern das Ganze lieber atmen zu lassen.

 

Wenn der Vibe nicht stimmt, kann das kein Plug-in der Welt mehr fixen.

Die Vibes sind nach wie vor das Allerwichtigste. Aber ich bin jetzt auch an einem Punkt angekommen, an dem ich mich mehr mit Produktionstechniken befassen muss. Ich bin aktuell dabei, mein bestehendes Setup zu erweitern. Ich stoße immer öfter an meine Grenzen, gerade was das Engineering und die Sound-Ästhetik angeht. Dieser Prozess ist gar nicht so einfach und wird auch noch eine Weile dauern. Denn natürlich hat man einen gewissen Workflow und weiß dass der funktioniert. Aber ich merke immer mehr, dass ich an dieser Stelle gefordert bin. Aber das kann man ja alles lernen – den Vibe hingegen nicht!

 

photo credits: Yvonne Hartmann

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