Mit einfachem EQing, Kompression und passenden Effekten kannst du deine Tracks wärmer und analoger klingen lassen. Wie das ganz konkret funktioniert, hat das Team von The Loop Loft in diesem Tutorial zusammengefasst, das wir hier gerne mit dir teilen möchten. Aber was ist mit „mehr Wärme in der Musik“ eigentlich gemeint? Bezieht sich das auf Frequenzen, eine bestimmte Präsenz oder Klangfülle? „Wärme“ ist ein schwieriger Begriff, weil er für alle etwas anderes bedeutet.
Damit wir alle auf dem gleichen Stand sind, definieren wir Wärme fürs Erste als das Gefühl, das man bekommt, wenn ein Sound uns mitnimmt, einladend wirkt. Wir spüren – genau! – eine gewisse Wärme. Damit ein Track diese Qualitäten hat, muss er analog, real und irgendwie menschlich rüberkommen. Beim Komponieren und Produzieren von Musik nutzen wir oft Software-Synthesizer. Sie sind erschwinglich und flexibel – kurzgesagt: ziemlich praktisch. Und selbst wenn sich Hardware-Synths und -Module großer Beliebtheit erfreuen, greifen wir gerne auf etwas „in der Box“ zurück, um schneller zu arbeiten und die Kreativität bei der Suche nach neuen und interessanten Sounds nicht auszubremsen.
Der Synth
Beginnen wir mit einem einfachen Pad-Sound. Such dir dafür eine beliebige Synth-Fläche oder ein Streicher-Preset in deiner DAW aus. Du kannst natürlich auch selber einen Sound bauen, zum Beispiel mit zwei Oszillatoren (Sinus und Sägezahn, beide polyphon), gefolgt von einem Filter. Es geht für dieses Beispiel aber ausschließlich darum, dass du mit einem ziemlich basic klingenden Sound anfängst, der die zwar gefällt, aber mehr Charakter braucht, um wirklich herauszustechen. Wie du diesen Charakter erzeugst, gehen wir jetzt Schritt für Schritt durch – mit unterschiedlichen Techniken bzw. Plug-ins.
Hier ist ein Synth-Pad ohne Effekte als Beispiel.
EQ
Ein guter Startpunkt ist der EQ. Das Schöne daran: Du kannst deinen Synth-Sound wirkungsvoll verändern, indem du einfach die Bässe ausblendest, die Höhen anhebst, oder beides miteinander kombinierst. Vielleicht hat der Synth, mit dem du arbeitest, ein eigenes toll klingendes Filter an Bord, das aber nicht so detailreich ist wie ein parametrischer Multiband-EQ mit anpassbarem Q-Wert, der das komplette Frequenzspektrum bearbeiten kann. Mit einem EQ lassen sich auch High- oder Low-Pass-Filter mit einer hohen Flankensteilheit nutzen – so kannst du mit eingeschränkter Bandbreite experimentieren. Das heißt, du begrenzt die Frequenzen, mit denen der Synth arbeitet. Wenn du beispielsweise alle Frequenzen unter 300 Hz abschneidest, bekommst du einen vollkommen anderen Sound als beim vollumfänglichen Frequenzspektrum. In manchen Fällen musst du auch umgekehrt vorgehen, um deinen Synth wärmer klingen zu lassen, also weniger hell oder harsch. Probier es einfach aus, blende alle Frequenzen oberhalb von 1000 oder 2000 Hz aus, und hör dir das Ergebnis an. Beim EQing macht es durchaus Sinn, mit vergleichsweise krassen Einstellungen anzufangen, die den Sound deutlich verändern. So findest du schnell heraus, was im jeweiligen Fall am besten passt. Kleinere Veränderungen sind dann sinnvoll, wenn du mit einem bereits fertig bearbeiteten Sound hantierst.
Im nächsten Beispiel haben wir alle Frequenzen unterhalb 174 Hz gekappt. Bei 380 Hz geht es mit einem Q-Wert von 2,0 um 1,3 dB nach oben. Bei 740 Hz gibt eine weitere Anhebung, diesmal um 4 dB und mit dem Q-Wert 1,7. Wie du hörst, klingt der Sound im Bassbereich zwar dünn, aber insgesamt weicher.
Kompression
Auch Kompression eignet sich hervorragend dazu, den Sound deines virtuellen Synths zu bearbeiten und wärmer klingen lassen – es bedarf nur ein wenig Kreativität. Da wir uns ja für einen Pad-Sound entschieden haben, müssen wir nur einige wenige Transienten und Dynamikstufen im Blick haben. Es geht eher darum, die Kompression als tonales Tool einzusetzen. Am besten startest du – genau wie beim EQing – mit einer extremen Einstellung, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was passiert. Stell die Ratio auf 12:1 oder sogar 20:1 ein, zieh den Threshold auf -20 or -30 dB runter und hör dir an, wie dein Synth dann klingt. Wahrscheinlich viel intensiver und schmutziger als zuvor. Manchmal kann bei Pad-Sounds auch eine konstante Verringerung um 5-10 dB sinnvoll sein. Damit ändert sich nicht nur die Dynamik des Sounds, sondern auch der Klang an sich. Deshalb solltest du den EQ angeschaltet lassen und mit dem Zusammenspiel beider Plug-ins experimentieren. Es empfiehlt sich, den EQ dabei vor den Kompressor zu setzen, damit auch der vom EQ veränderte Sound komprimiert wird. Das ist aber keine festgeschriebene Regel: Am besten vertauschst du die Plug-ins auch mal und machst einen A/B-Vergleich. Und wenn du einen Multiband-Kompressor hast, kannst du ihn an dieser Stelle ebenfalls testweise zum Einsatz bringen.
Im folgenden Beispiel hörst du, welche Intensität der Kompressor bewirkt – mit einer Ratio von 20:1 und konstanter Gain-Reduktion um 16 dB. Achte auf den leicht pumpenden Sound der länger gehaltenen Chords. Wenn dieser Sound Teil einer umfangreichen Produktion werden soll, kann sich durch diese dezente rhythmische Variation eine interessante Lebendigkeit für das Arrangement ergeben.
Distortion/Saturation
Im nächsten Schritt geht es um Distortion, Overdrive oder Saturation. In manchen Fällen beginnt die Bearbeitung des Sounds mit diesen Effekten, und manchmal kommen auch keine weiteren mehr hinzu – gerade wenn man die Rechenleistung des Computers im Blick haben muss. Da passt es gut, dass viele Synths bereits ein Distortion-Modul an Bord haben. So kannst du dir schnell einen Eindruck davon verschaffen, wie dein Sound mit zusätzlichen Obertönen klingt. Anders als beim EQ und Kompressor solltest du Distortion und Saturation jedoch dezenter einsetzen – weniger ist oft mehr. Klar, wenn es dir ausschließlich um Verzerrung geht, dann bitte volle Kraft voraus. Wir haben ja aber immer noch die analoge Wärme im Fokus, und dafür braucht es in der Regel nur eine Prise Distortion. Achte beim Hören darauf, wie dein Sound satter und harmonisch komplexer wird. DIRT von Native Instruments‘ CRUSH PACK zum Beispiel ist ein sehr vielseitig klingendes VST-Plug-in mit ganz eigenem Charakter. Es bietet drei verschiedene Klangfarben auf zwei Kanälen und ermöglicht damit ein breites Spektrum verzerrter Klänge, die sich auch mischen lassen.
In diesem Beispiel kommen ein wenig Drive, Crunch zum Einsatz. Außerdem sind die tiefen Frequenzen leicht angehoben; das Ergebnis wird durch ein Distortion-Plug-in geschickt. Auch hier ist die Veränderung subtil, aber hörbar. Da unterhalb 174 Hz vom EQ alles abgeschnitten wurde, klingen die vom Distortion-Plug-in erzeugten tiefen Frequenzen fast schon wie weißes Rauschen. Das ist keine Überraschung – immerhin wurden sie dem Sound gewissermaßen künstlich hinzugefügt.
Bit reduction
Auch die Reduktion der Bit-Rate eignet sich gut dazu, deinen Synth-Sounds lebendiger klingen zu lassen. Wenn du mit einer aktuellen DAW arbeitest, beträgt die genutzte Sample- und Bit-Rate vermutlich mindestens 44,1 kHz und 16-bit und maximal 192 kHz und 32-bit. Diese Auflösung macht den Klang zwar unglaublich klar und detailreich, lässt ihn aber vielleicht aber auch ein wenig steril und kalt wirken. Mit einem Plug-in für die Bit Reduction wird die Auflösung deines Audiomaterials beispielsweise auf 8-bit reduziert. So klingt es roher und dreckiger. BITE von CRUSH PACK ist so ein Bitcrusher und schraubt außerdem die Sample-Rate nach unten. Das Ergebnis: der Sound früher Hardware-Sampler.
Beim folgenden Beispiel kommt nur wenig Bit Reduction zum Einsatz. Das Plug-in erzeugt dabei interessante hohe Obertöne, die wir aber nur ganz subtil in unseren Sound integrieren wollen. Deshalb steht der Mix-Regler auf 5 %.
Chorus and pitch shifting
Last but not least: Auch Chorus und Pitch-Shifting sind Möglichkeiten, Synth-Sounds wärmer klingen zu lassen. Schon dezente Änderungen der Tonhöhe oder des Timings können in Sachen Vibe und Charakter viel bewirken. Bei Hardware- und Software-Synths ist ein Chorus oft genug schon integriert – ein guter Startpunkt. Der Vorteil von Effekt-Plug-ins besteht allerdings darin, dass du sie überall in der Signalkette einsetzen kannst. Wenn du zum Beispiel den Chorus nach einem Plug-in für die Bandsättigung einsetzt, wird er ganz anders klingen als vor dem Saturation-Effekt. Weil ein Chorus im Grunde nichts weiter tut, als den Sound zu doppeln – mit leichten Veränderungen im Timing und im Pitch – eignet er sich für unsere Zwecke besonders gut.
Chorus- oder Pitch-Plug-ins mit einem Mix-Regler haben den Vorteil, dass du den Effekt-Anteil passgenau für deinen Sound einstellen kannst.
Im letzten Soundbeispiel haben wir dem ursprünglichen Sound ein wenig Chorus hinzugefügt. Du wirst bemerken, dass die Fläche breiter klingt – und auch ein bisschen dünner. Ein Chorus-Effekt kann deinen Sound „versüßen“, vor allem dann, wenn du den Schmutz und die Obertöne der Distortion und Bit Reduction im Nachhinein glätten willst.
Dieser Artikel wurde ursprünglich von Loop Loft veröffentlicht.